Friedensnobelpreis 1929: Frank Billings Kellogg

Friedensnobelpreis 1929: Frank Billings Kellogg
Friedensnobelpreis 1929: Frank Billings Kellogg
 
Der amerikanische Anwalt und Politiker erhielt den Nobelpreis für seine Mitwirkung am Briand-Kellogg-Pakt zur Ächtung von Kriegen.
 
 
Frank Billings Kellogg, * 22. 12. 1856 Potsdam (New York), ✝ 21. 12. 1937 Saint Paul (Minnesota); 1917-23 Senator für Minnesota, 1923-25 US-Botschafter in Großbritannien, 1925-29 US-Außenminister, 1930-35 Mitglied des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Am 27. August 1928 fand im vornehmen Uhrensalon des Quai d'Orsay in Paris eine feierliche Zeremonie statt. Hochrangige Regierungsvertreter aus 15 Staaten unterzeichneten eine Vereinbarung, deren Kernaussage darin bestand, den Krieg als Mittel der Politik künftig zu ächten. Internationale Streitfälle sollten auf friedlichem Weg beigelegt werden. Allein Verteidigungskriege waren von dieser Übereinkunft ausgeschlossen.
 
In die Geschichte ist der Vertrag von Paris als der Briand-Kellogg-Pakt eingegangen. Der Name bezieht sich auf die beiden Persönlichkeiten, auf deren Initiative der Pakt wesentlich zurückging: den französischen Außenminister Aristide Briand und seinen amerikanischen Amtskollegen Frank Kellogg. Briand gehörte zu den prominentesten Politikern seiner Zeit: 1926 hatte er gemeinsam mit dem deutschen Außenminister Gustav Stresemann für seine Verdienste um den Vertrag von Locarno (1925), der die politische Stabilität in Europa wiederherstellte, den Friedensnobelpreis erhalten.
 
Kellogg war, jedenfalls in Europa, weniger bekannt. In Amerika hatte er zunächst als Anwalt auf sich aufmerksam gemacht. Berühmtheit hatte er dort erlangt, als er für die Regierung einen Prozess gegen den Standard Oil Trust des schwerreichen John Davison Rockefeller gewonnen hatte. Seine politische Laufbahn begann 1917 als Senator der Republikaner in Minnesota. In dieser Eigenschaft unterstützte er den Eintritt der Amerikaner in den Ersten Weltkrieg. Als US-Botschafter in London in den Jahren 1923 bis 1925 war er an den Verhandlungen seines amerikanischen Landsmanns Charles Dawes (Nobelpreis 1925) beteiligt, unter dessen Leitung die finanziellen Forderungen der Siegermächte an Deutschland geregelt wurden. Im März 1925 machte US-Präsident Calvin Coolidge Kellogg zu seinem Außenminister. In diesem Amt konzentrierte sich Kellogg zunächst auf die US-Interessen in Süd- und Mittelamerika sowie im Fernen Osten, wo er vergeblich versuchte, die Souveränität des von Japan bedrohten China herzustellen.
 
 Ein Bündnis für Frieden
 
1927 aber übermittelte Aristide Briand seinem amerikanischen Kollegen den Vorschlag einer zweiseitigen Allianz zwischen Frankreich und den USA. Das Bündnis sollte nach den Vorstellungen Briands dazu dienen, den Krieg als ein Mittel der Politik auszuschalten.
 
Kellogg war von diesem Vorschlag nicht gerade begeistert. Vielleicht nicht zu Unrecht hatte er den Verdacht, dass es Briand in Wirklichkeit darum ging, die mächtigen Vereinigten Staaten als einen Garanten für die französischen Sicherheitsinteressen in Europa zu gewinnen. Der Idee der Kriegsächtung stand Kellogg allerdings sehr aufgeschlossen gegenüber. Schon früher hatte er sich für Abrüstung und Schiedsgerichtsbarkeit ausgesprochen. Außerdem gab es in den USA zahlreiche Organisationen und Komitees, unter anderem die einflussreiche Carnegie-Stiftung für Internationalen Frieden, die diesen Gedanken seit längerem propagierten.
 
Kellogg konnte also mit öffentlicher Zustimmung rechnen und machte Briand daher einen weitergehenden Vorschlag: Nicht nur Frankreich und die USA, sondern alle friedensbereiten Staaten sollten sich zur Ächtung des Kriegs bekennen. Sollte ihm die Ausführung dieses Plans gelingen, schrieb Kellogg im Mai 1928, »wird das die größte Leistung meiner Amtszeit sein, vielleicht sogar jeder amerikanischen Regierung der letzten Zeit«.
 
Nach einigen diplomatischen Verhandlungen vor und hinter den Kulissen war das Vertragsdokument perfekt. 15 Staaten, darunter die wichtigsten europäischen Mächte sowie neben den USA auch Japan, kamen zur Unterzeichnung des Vertrags nach Paris. Dass Kellogg jetzt auch in Europa eine Berühmtheit geworden war, zeigte ihm der triumphale Empfang bei seiner Ankunft im Hafen von Le Havre. Und dass man seine Absichten verstanden hatte, konnte Kellogg an einem originellen Empfangsgeschenk der Stadt Le Havre erkennen. Ihm wurde ein Lederetui überreicht mit der lateinischen Aufschrift »Si vis pacem para pacem« (»Wenn du Frieden willst, sei bereit für den Frieden«) — eine Abwandlung der Machtpolitik alten Stils »Si vis pacem para bellum« (»Wenn du Frieden willst, sei bereit für den Krieg«).
 
 Der Briand-Kellogg-Pakt: Erfolg oder Misserfolg?
 
Bereits ein Jahr nach dem denkwürdigen Treffen in Paris wurde Frank Kellogg mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Bis 1938 traten dem Briand-Kellogg-Pakt neben den 15 Erstunterzeichnern 48 weitere Staaten bei. Insofern war das Unternehmen sehr erfolgreich.
 
In der Praxis hat das Abkommen allerdings wenig bewirkt: Weiterhin fanden Kriege statt, an denen sich auch Vertragspartner beteiligten, und fast genau elf Jahre nach der Zeremonie in Paris brach der größte Krieg aus, den die Weltgeschichte je erlebt hattte. In der Tat waren die Schwachpunkte des Briand-Kellogg-Pakts offenkundig. So blieb es stets eine Auslegungssache, ob es sich bei einem Krieg um einen Verteidigungskrieg handelte, den das Vertragswerk ja ausdrücklich gestattet hatte, oder um einen Angriffskrieg, der verurteilt wurde. Vor allem fehlte es aber an einer Garantie für die Einhaltung des Pakts. Gegen einen Staat, der einen Krieg anzettelte, bot der Vertrag keinerlei Möglichkeiten der Sanktion außer eben der Ächtung des Kriegs. Der Briand-Kellogg-Pakt war eine reine Willensbekundung, eine politische Geste ohne konkrete Wirkung.
 
Nur selten wurde der Vertrag in der Folgezeit als Rechtsgrundlage herangezogen. So versuchten die Amerikaner zu Beginn der 1930er-Jahre, der japanischen Expansion im Pazifik einen Riegel vorzuschieben, indem sie diese als eine Verletzung des auch von Japan unterzeichneten Briand-Kellogg-Pakts ausgaben. Beeindruckt hat dies die Japaner allerdings in keiner Weise.
 
Bei den Nürnberger Prozessen gegen die nationalsozialistischen Kriegsverbrechen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beriefen sich die Ankläger unter anderem darauf, dass Nazideutschland auch gegen das Gewaltverbot des Briand-Kellogg-Pakts verstoßen habe.
 
Trotz aller Kritik aber konnte es sich Kellogg als Verdienst anrechnen, überhaupt so viele Staaten für seine Idee gewonnen zu haben, Konflikte friedlich zu lösen. Der Pakt führte zu einer wenn auch nur symbolischen Verurteilung des Kriegs als Mittel der internationalen Politik.
 
Kellogg selbst setzte nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des amerikanischen Außenministers seine Tätigkeit für den Frieden in der Welt als Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag fort.
 
P. Göbel

Universal-Lexikon. 2012.

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